Millionen Labormäuse bevölkern Forschungslabore auf der ganzen Welt. Doch Tierversuche lassen sich oft nicht auf den Menschen übertragen. Für die NZZ am Sonntag habe ich das brisante Thema recherchiert.
Der Mensch ist ein Säugetier. Und auch wenn wir Menschen uns manchmal für etwas Besseres halten: In vielem ist unser Körper ganz ähnlich aufgebaut wie jener eines Gorillas, einer Gazelle, eines Faultiers, eines Wolfs oder einer Ratte. Die Verwandtschaft und Ähnlichkeit hat zum Konzept des Tierversuchs geführt. Wenn es darum geht, grundlegende Abläufe im Körper zu untersuchen oder die Wirkungsweise eines neuen Medikaments zu testen, benutzen Forscherinnen und Forscher dafür oft Versuchstiere.
Besonders oft dafür herhalten müssen Labormäuse. Millionen dieser Tiere bevölkern Forschungslabors auf der ganzen Welt. Unzählige Medikamente-Entwicklungen wären ohne sie nicht möglich gewesen. Tierschützer bekämpfen die Nutzung von Versuchstieren schon lange. Doch seit einigen Jahren werden auch innerhalb der Forschung Stimmen laut, die an der heutigen Praxis Kritik üben.
Der Grund: Erschütternd wenige der am Tier entwickelten Therapien funktionieren am Schluss auch beim Menschen. Im Jahr 2014 etwa kam eine amerikanische Studie zum Schluss, dass neun von zehn Wirkstoffen in den klinischen Studien scheitern. Für die «NZZ am Sonntag» bin ich den Hintergründen dieses Befunds auf den Grund gegangen – und habe nach Verbesserungsansätzen gesucht.
Einer der Gründe ist die eigentlich wichtige Standardisierung von wissenschaftlichen Studien. Sie hat dazu geführt, dass Labormäuse auf genetische Einheitlichkeit gezüchtet wurden, sodass heute in den verwendeten Zuchtlinien oft Inzucht herrscht. Zudem werden die Mäuse unter extrem kontrollierten, oft nicht tiergerechten Bedingungen gehalten. Beide Faktoren führen dazu, dass Labormäuse gestresst und anfällig auf Krankheiten sind.
Das Immunsystem von Labormäusen beispielsweise ist völlig unterentwickelt. Es kann ganz anders auf einen Wirkstoff reagieren als ein Mensch. Um solche Probleme zu verhindern, entwickeln Forscher deshalb beispielsweise Labormäuse mit einem natürlicheren Immunsystem. Auch das Wegkommen von Inzuchtlinien und Anpassungen der Haltungsbedingungen könnten in Zukunft dazu beitragen, dass Tierversuche verlässlicher werden.
Den Artikel aus der «NZZ am Sonntag» gibt es hier